Selbsttragende Stampflehmwand im Yin-Yang-Haus Potsdam
Eine gewaltige Stampflehmwand durchdringt das Yin-Yang-Haus in Potsdam als monolithisches Wandbauteil vom Keller bis zum Dachgeschoss. Als Treppenhauswand schiebt sich das Bauwerk durch drei Deckenöffnungen. Gleich am Eingangsbereich des Gebäudes wird der Besucher von der 10,20 m hohen, im Halbrund gebogenen, fast 5,90 m langen und 0,36 m dicken Stampflehmwand begrüßt. Durch die großen Treppenhausöffnungen der Betondecken bleibt die Stampflehmwand auf ihrer Vorderseite im Ganzen erkennbar. Das wuchtige Erdbauwerk erhält eine Dominanz als „Seele“ des Gebäudes und sorgt zugleich als „Klimawand“ für mehr Wohngesundheit.
Die dem Wandverlauf folgenden, mit weisem Lehmfinish verputzten Wandverlängerungen in Leichtbauweise mit ihren raumhoch integrierten Türen trennen sie die rückseitigen Arbeits-, Wohn- und Funktionsraume vom Treppenhaus. „Adern“ aus gelben, weißen und roten Lehmmischungen durchziehen die hellgraue Stampflehmmasse. Die Wand wurde in acht Wochen realer Bauzeit, in drei Bauphasen mit Hilfe einer innenseitig an Stahlseilen „wandernden“ Gleitschalung und rückseitig mit etagenhohen Spezialschalungen, bei Beachtung von Druckfestigkeit, Schwindmaß und Wandfeuchte, im dem Wohngebäude errichtet.
Funktionalität ist im modernen Stampflehmbau von großer Bedeutung. Es werden keine Denkmäler gewünscht, sondern Bauteile, die sich sinnvoll ergänzend in die Architektur des Gebäudes einfügen und für die Bewohner von Nutzen sind. Die im 2. und 3. OG rückseitig eingestampften Wandheizungsrohre sollen für die angrenzenden Duschräume für mehr Behaglichkeit sorgen. Den oberen Wandabschluss bildet eine mit Lehmputz verkleidete Wandverlängerung, welche die Öffnung zwischen Wand und Dachunterseite schließt.
Die Architektur des Hauses hat die Potsdamer Architektin, Andrea Schmidt, wie folgt beschrieben:
„Betritt man das fertige Gebäude, erhält man Zugang zur Lebensphilosophie des Bauherrn. Man erlebt Räume, die durch ihre Offenheit eine erfrischende Großzügigkeit ausstrahlen. Moderne Architektur sorgt durch ihre Proportionen für Harmonie und lässt ein Spiel von Materialien, Licht, Leichtigkeit und Transparenz entstehen. Die Grundrissplanung sieht Schlafplätze außerhalb der Strahlungsreichweite der Wasserader vor. Um den Energiefluss des Kraftpunktes „Ausdehnung“ zu unterstützen, wurde durch die Anordnung einer gegenläufigen doppelten Galerie in Form des Ying und Yang Symbols das Gebäude bis unter die Dachspitze freigehalten. Im Bereich der Galerien befindet sich der Wohnbereich der Familie, der durch eine Stufe tiefer in die Erde versinkt. In diesem Bereich befindet sich auch der Feuerplatz“
Projektdaten:
Wandradius außen: 5,88 m
Wandhöhe: 10,20 m
Wanddicke: 0,36 m
Volumen: 24,15 cbm
Stampflehm verarbeitet: ca. 33 cbm
Stampflehmmischung: Lehm, Strohfasern, Travertin Steine, Sand
Rohdichte: 1900 kg/cbm
Planung: Dipl.-Ing. Architektin Andrea Schmidt, Potsdam
Bauausführung: LehmBauWerk und Partner